Werte finden - in herausfordernden Zeiten


28 / 10 / 22 - 6 minute read

Für Manager von Anlageportfolios war das Jahr 2022 bislang äußerst herausfordernd. Bereits das vergangene Jahrzehnt ließ erahnen, dass wir es zunehmend mit volatileren Zeiten zu tun haben werden. Dabei verstärkt die Zunahme globaler Krisen diesen Trend zusätzlich.

In einem schwankungsanfälligen Markt, der seit Jahresbeginn von deutlich negativen Renditen gekennzeichnet ist, erwägen mehr und mehr Anleger in alternative Anlageklassen einzusteigen, einschließlich Immobilien.

Dies stellt sich zunächst einmal

Autoren

Mahdi Mokrane

[Translate to Deutsch:]

Juan Gotsis

Charles Nicolas Tarrière

Werte finden – das optimale Portfolio

Eine fundierte Einschätzung der wahrscheinlichen mittel- und langfristigen Entwicklungen ist die Basis jeder erfolgversprechenden Anlagestrategie. Es existieren jedoch teilweise widersprüchliche Faktoren, egal, ob es sich um einzelne Regionen, Sektoren oder Vermögenswerte handelt. Dabei ergeben sich bei weiterhin bestehenden kurzfristigen Unsicherheiten nach wie vor Chancen, um überzeugende Renditen zu erzielen. Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch, an mittel- und langfristigen Einschätzungen bezüglich Immobilienmarkttrends und Fundamentaldaten festzuhalten. Ein klassisches Herdenverhalten, dass häufig dadurch gekennzeichnet ist, bei sich kurzfristig ändernden Einflüssen die eigene Strategie zu verlassen, ist in den seltensten Fällen erfolgversprechend.

Die Auswertung unserer Research- und Forschungsergebnisse deutet auf vier grundlegende Trends hin, die eine Allokation in Immobilien mittel- und langfristig unterstützen werden: Demografie, Urbanisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung. Demografische Trends, wie etwa die Entwicklung von Alterspyramiden, weisen darauf hin, in welcher Weise Menschen zukünftig Immobilien „gebrauchen“ werden. So werden beispielsweise Teilsektoren wie Studenten- und Seniorenwohnungen durch die demografische Entwicklung aufgewertet. Die Untersuchung des Urbanisierungstrends wiederum gibt Auskunft darüber, in welchen Vierteln die Nachfrage tendenziell steigen oder fallen wird.

Tech- und Digitalisierungstrends wie etwa E-Commerce und hybrides Arbeiten und Home Office stützen die Nachfrage nach Last-Mile-Logistik, Rechenzentren und Smart Buildings. Dekarbonisierung wiederum ist eng mit ESG-Trends und Impact Investments verknüpft. Themen, die wichtiger und drängender sind denn jemals zuvor. Der Klimawandel ist längst Realität. Bei PATRIZIA sind wir fest davon überzeugt, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel entsprechende Werte nach vorne bringen und die Liquidität in diesem Bereich erhöhen werden. Investmentmanager müssen also mehr denn je herausragende Portfolio-Designer sein.

Einkommensströme sichern – erstklassige Vermieter

Erträge aus Portfolios zu generieren, wird für Investmentmanager weiterhin ein wichtiges Ziel sein. Abgesehen von einer relativ kurzen Zeit während der globalen Finanzkrise haben sich die Renditen in den letzten 20 Jahren größtenteils nach unten bewegt. Die Preisfindung ist derzeit erschwert und die Zinssätze in Bewegung. Wir sollten nicht davon ausgehen, dass dieses Umfeld Haupttreiber für zukünftige Renditen sein wird, sondern vielmehr die Bereitschaft und die Fähigkeit das entsprechende Geld zu zahlen. Auf das Nettobetriebsergebnis (NOI) kommt es jetzt in erster Linie an.

Und zwar inflationsbereinigt. Also das reale Nettobetriebsergebnis. Inflation war in den vergangenen Jahrzehnten bekanntlich kein nennenswertes Thema. Inzwischen ist es eine echte Herausforderung geworden, Einkommenserträge zu erzielen, die über den erwarteten Inflationsraten liegen. PATRIZIAs Untersuchung der Entwicklungen bei Büros in ganz Europa über die vergangenen 20 und mehr Jahre hinweg bestätigte, dass die real erzielten Einnahmen in Zeiten hoher Inflation tatsächlich sinken, wohingegen sich die Vermögenswerte weitgehend als stabil erweisen.

Das erscheint plausibel: Die Einkommen von Unternehmen und Haushalten sinken in Zeiten hoher Inflationsraten mit der Folge, dass Mieter vermehrt Schwierigkeiten bekommen, deutlich höhere Mieten zu bezahlen. Eine zentrale Herausforderung für Investmentmanager wird somit darin bestehen, auf die weitere Erschwinglichkeit von Mieten bei der Ausgestaltung ihrer Portfolios zu achten und gleichzeitig die Entwicklungen des Gesamtmarktes im Auge zu behalten.

Um weiterhin erfolgreich zu bleiben, muss ein Manager zukünftig mehrere Funktionen erfüllen: ein herausragender Portfolio-Designer, ein erstklassiger Vermieter und ein Top-Arbeitgeber zu sein.

Strategien mit höheren Erträgen

Die Jagd nach real höheren Renditen wird die Aufmerksamkeit zahlreicher Anleger auf höher rentierliche Strategien lenken. Vermieter werden versuchen, sich auf hochwertige Mieter zu fokussieren. Entsprechend mehr Aufmerksamkeit muss dem Thema Mieter gewidmet werden. Zum Beispiel müssen sich Vermieter zukünftig stärker mit der Frage beschäftigen, auf welche Weise Mieter die gemieteten Flächen nutzen möchten, um entsprechende bedarfsgerechte und maßgeschneiderte Angebote zu unterbreiten.

Bei diesen und ähnlichen Fragen können Tech-Lösungen Asset Managern wertvolle Dienste leisten. PATRIZIA zum Beispiel setzt zunehmend auf die Intelligenz der Daten, um die Standortqualität von Immobilien zu bewerten. Unter anderem hat PATRIZIA den PATRIZIA Amenities Magnet entwickelt, ein Bewertungsinstrument für städtische Einrichtungen. Dabei werden die Entfernungen zu nahe gelegenen Einrichtungen, die jeder Bewohner braucht, gemessen und auf diese Weise die Attraktivität eines Standorts bewertet. Im Vordergrund stehen sieben Kategorien, die für Bewohner maßgeblich sind: Pendeln, Wohnen, Pflege, Arbeit, Erziehung, Versorgung und Freizeitgestaltung. Die vom Algorithmus bereitgestellten Informationen fließen in die Anlage- und Managemententscheidungen bei PATRIZIA ein.

Überzeugend stabile Nominalrenditen mit Mietvorzügen und steigenden Anforderungen von Mietern in Einklang zu bringen, gehört zukünftig zu den anspruchsvollsten Aufgaben eines Investmentmanagers. Daher ist es von großer Bedeutung, auch ein erstklassiger Vermieter zu sein.

Inzwischen wechseln Arbeitnehmer zunehmend den Arbeitsplatz oder gleich in andere Berufsfelder.

Eine Einkommens- und Wachstums-Anlagephilosophie

Wir glauben, dass eine der erfolgreichsten Anlagephilosophien für diese neue Norm das Prinzip von Ertrag und Wachstum ist, bei dem der Ertrag im Mittelpunkt der Rendite steht. Das Einkommen wird entscheidend von der Nutzernachfrage bestimmt. Je attraktiver eine Immobilie aus Sicht potenzieller Mieter ist, desto wahrscheinlicher sind langfristig höhere Mieteinnahmen.

Neben der Nutzung der zur Verfügung stehenden Daten ist die exakte Analyse des externen Umfelds und die Einbeziehung der Expertise direkt vor Ort entscheidend für die Strategie bei PATRIZIA.

Anfang der 2010er Jahre wurde von PATRIZIA die Big-Hub-Logistikstrategie entwickelt. Basis dieser Überlegungen war, dass die Nachfrage sowohl seitens der Mieter als auch Investoren mit der Zeit steigen würde. Frankreich ist ein gutes Beispiel. Unserer Einschätzung nach war der Markt in den zehn Jahren zuvor durch allzu lockere Planungsvorschriften gekennzeichnet und erste Anzeichen einer Erholung zu sehen. Entscheidend jedoch war, dass die Nachfrage durch Nutzer stabil blieb. Unsere Strategie bestand damals darin, Bestandsimmobilien mit überschaubarem Leerstand (bis zu 40 %) in den Hauptknotenpunkten des Logistikkorridors (Dorsale) zu erwerben, der Lille, Paris, Lyon und Marseille miteinander verbindet. Dank unserer erfahrenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor Ort gelang es uns, eine Vollvermietung zu erzielen und die Rendite durch entsprechende Einnahmen zu steigern. Das Vermögenswachstum folgte auf das Einkommenswachstum.

Dieses Beispiel zeigt, wie sehr es darauf ankommt, die lokalen Gegebenheiten genau zu kennen und gleichzeitig das große Ganze richtig zu verstehen.

Tabelle 1

Negative Wertentwicklung von Aktien und Anleihen im Jahr 2022 seit Jahresbeginn (YTD)

Top-Arbeitgeber

Um diese und ähnliche anspruchsvolle Herausforderungen erfolgreich zu meistern, benötigen Investmentmanager die Mitwirkung entsprechend erfahrener Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Am Ende des Tages sind es Menschen, die darüber entscheiden, ob eine Investitionsstrategie aufgeht oder nicht. Sogenanntes Humankapital zu gewinnen, zu halten und weiterzuentwickeln ist der entscheidende Erfolgsfaktor.

Diese Herausforderung ist gewaltig. Gerade weil sich die Zeiten ändern. Inzwischen wechseln Arbeitnehmer zunehmend den Arbeitsplatz oder gleich in andere Berufsfelder. In einer im MIT Sloan Management Review veröffentlichten Studie wurden die Fluktuationsraten von MITs Culture 500 analysiert. In der Stichprobe waren einige der größten Unternehmen der USA enthalten. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Arbeitsbedingungen in einer Organisation sowie der gesamten Arbeitskultur. Unter anderem zeigte sich, dass eine eher toxische Unternehmenskultur (z.B. das Versäumnis Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion zu fördern) als Auslöser bis zu zehnmal relevanter ist im Thema Mitarbeiterfluktuation als die Vergütung. Andere bedeutende Ursachen für Fluktuation waren Arbeitsplatzunsicherheit und ständige Umstrukturierungen, ein zu hohes Innovationstempo (Stichwort Überlastung bzw. Burnout), mangelnde Anerkennung von Mitarbeiterleistungen und falsche Antworten auf die Covid-19-Pandemie.

Auch die Erwartungen und Ansprüche seitens der Mitarbeiter sind im Wandel. Eine Deloitte-Umfrage ergab, dass eine ausgewogene Work-Life-Balance, Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, eine faire Vergütung, eine positive Arbeitsplatzkultur, eine sinnstiftende Aufgabe sowie flexible Arbeitszeitmodelle wichtige Gründe für die Generation Z und ihre Vorgängergeneration, die Millennials, sind, ihrem Arbeitgeber die Treue zu halten. Darüber hinaus ergab die vorherige MIT-Studie, dass Quereinstiegsmöglichkeiten, Remotevereinbarungen, vom Unternehmen gesponserte Gemeinschaftsveranstaltungen und flexible Zeitarbeitspläne zu einer höheren Mitarbeiterbindung führen.

Von Managern wird mehr denn je erwartet, die Bedürfnisse und Vorstellungen ihrer Mitarbeiter ernst zu nehmen, einzubinden und glaubwürdig umzusetzen. Es bleibt also von großer Bedeutung auch als Arbeitgeber bestmöglich zu „performen“.