"There is no place like home" ... vor allem für ein sicheres Einkommen


03 / 12 / 20 - 5 minute read

„Politische Entscheidungen wirken sich nicht nur auf die Entwicklung von Städten aus. Sie beeinflussen auch die Performance unterschiedlicher Assetklassen über Jahrzehnte hinweg.“ Das sagt Mahdi Mokrane, Head of Investment Strategy & Research bei PATRIZIA.

Lange Zeit waren Wohnimmobilien die beliebteste Assetklasse für institutionelle Investoren im Vereinigten Königreich. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs führte das Land jedoch Mietpreisbremsen ein, um übermäßige Mietsteigerungen aufgrund der damals drohen

Die Politik beeinflusst Investitionen seit Jahrzehnten

Gemessen am Gesamtmarkt jedoch war das institutionelle Engagement in diesem Sektor eher schwach. Für mich persönlich ist diese Entwicklung ein Paradebeispiel dafür, wie sich kurzfristige politische Entscheidungen langfristig auswirken können und einen gesamten Markt außer Kraft setzen können. Dabei beeinflussen sie nicht nur die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt selbst, sondern die ganzer Städte. Zudem können solche regulatorischen Markteingriffe die Attraktivität ganzer Assetklassen in die eine oder andere Richtung verschieben.

Erst in den vergangenen Jahrzehnten entdeckten institutionelle Investoren den Wohnungsmarkt im Vereinigten Königreich wieder neu.

Bild: Zwei Jungen spielen 1950 im Hinterhof eines Sozialgebäudes in Walsall, England.

Mit dem Rückzug institutioneller Anleger aus dem Markt wurde der soziale Wohnungsbau für die britische Bevölkerung immer wichtiger.

 

Auf der Suche nach stabilen Renditen

Seit der globalen Finanzkrise 2008 wird seitens der Politik versucht, die Konjunktur anzukurbeln. In der Folge wurden die Renditen von festverzinslichen Anlagen immer weiter nach unten gedrückt. Entsprechend stieg auch die Attraktivität von Wohnimmobilien als Anlageklasse. Die Notenbanken schafften durch eine beispiellose Lockerung ihrer Geldpolitik Anleihezinsen weltweit nahezu ab. Der Handelskrieg zwischen China und den USA verschärfte den Anlagenotstand zusätzlich. Die Suche nach Renditen ist seitdem herausfordernder denn je.

Laut Schätzungen der Deutschen Bank vom vergangenen Sommer beträgt der Wert von Staatsanleihen mit negativer Rendite inzwischen 15 Billionen US-Dollar weltweit. Da das Zinsniveau in einem umgekehrten Verhältnis zum Anleihekurs steht, zahlen Anleger für das „Privileg“, die Staatsschulden eines Landes zu übernehmen, inzwischen drauf.

Dazu Mohamed El Erian, ehemaliger Chef der Investmentgesellschaft PIMCO: „Wer strategisch wie in den letzten Jahrzehnten investiert, wird zukünftig Geld verlieren.“ El Erian rät, den globalen Bondmarkt „opportunistisch“ zu spielen und nicht weiter als Basisinvestment im Portfolio zu betrachten. Eine Zeitenwende, denn: Bislang galt bei der Kapitalallokation auf Ebene der Pensionskassen und Versicherungen, dass Anleihen mindestens 60 % eines klassischen diversifizierten Portfolios ausmachen sollten.

Aber gibt es Alternativen zu dieser klassischen Asset Allocation? Europäische Wohnimmobilien haben sich seit Beginn der Covid-19-Pandemie als solide Renditebringer erwiesen und sind als sicherer Hafen weiterhin gesucht. Es macht also Sinn, europäische Wohnimmobilien als Teil eines diversifizierten ImmobilienBasisportfolios einzusetzen. Zumal hier der von institutionellen Investoren verlangte regelmäßige Cashflow gegeben ist.

Europe first

Der US-amerikanische Mehrfamilienhaus-Sektor ist seit etwa 25 Jahren die erste Adresse für Investoren, denn hier winken seit Langem attraktive, risikobereinigte Renditen sowie eine relativ geringe Volatilität. Allerdings hat sich der Bereich institutionelle Wohnimmobilien Europa zuletzt als robuster erwiesen. Während des Platzens der Dot.com-Blase ab 2000 wurden europäische Wohnimmobilien nicht in Mitleidenschaft gezogen. Und selbst nach der globalen Finanzkrise 2008 blieben die Renditen europäischer Wohnimmobilien im Vergleich zu ihrem US-Pendant wesentlich stabiler.

Interessanterweise begann der US-Sektor sofort mit Anbeginn der Covid-19-Pandemie erneut zu schwanken. Die Mieteinnahmen in Europa liegen seitdem etwa 10 bis 15 % über USNiveau. Grund hierfür sind die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten. Der durch den Lockdown ausgelöste Anstieg der Arbeitslosigkeit in den USA von 13,3 % (US Bureau of Statistics, Juni 2020) darf als historisch bezeichnet werden. In den meisten europäischen Ländern sind die aktuellen und zu erwartenden Lockdown-Folgen weitaus weniger dramatisch, sodass die Haushalte ihren Mietverpflichtungen verlässlicher nachkommen als in den USA.

Hinzu kommt: Die meisten Wohninvestitionen in Europa sind bankenfinanziert. Nur eine Minderheit über den Kapitalmarkt. Finanzierungen wie zum Beispiel über nicht börsennotierte Private Debt Funds sind in den USA weit verbreitet und nicht wenige davon mussten während des US-Lockdowns zeitweise geschlossen werden.

Der Markt für institutionelle Wohninvestitionen in Europa bleibt stabil. Mehr und mehr Investoren denken deshalb darüber nach, einen Teil ihrer Basisallokationen, die traditionell überwiegend aus gewerblichen Immobilien bestehen, aus Gründen der Diversifikation in Wohnimmobilien umzuschichten.

Andere institutionelle Investoren hingegen ziehen einen Tausch von Residential-Investments gegen Bonds in Erwägung. Auch deshalb: Seit den 1990er-Jahren sind die Nettoerträge eines Quadratmeters Wohnfläche in Europa im Vergleich zu Büro, Einzelhandel und sogar Logistik bemerkenswert stabil geblieben.

Ein diversifiziertes Wohnportfolio bietet sich also als sichere Ersatz-Einnahmequelle mit höherer Rendite an. Zu erwarten ist eine Prämie von 250 bis 300 Basispunkten im Vergleich zur Rendite einer durchschnittlichen zehnjährigen Anleihe. In den USA ist dieser Spread enger geworden, weil die Wirtschaft dort in den etzten Jahren runder lief als in Europa mit der Folge, dass die langfristigen Anleiherenditen geschwächt wurden und zum Teil sogar zu steigen begannen.

Die Mieteinnahmen in Europa liegen seitdem etwa 10 bis 15 % über USNiveau. Grund hierfür sind die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten.

Bundesamt der Statistik der USA, Juni 2020

Chancen nach der Covid-Pandemie

Bei PATRIZIA gehen wir davon aus, dass sich besonders im Bereich Forward Funding in der Post-Corona-Zeit neue Investmentchancen ergeben werden. Vor der Pandemie war Development Finance relativ günstig, weit verbreitet und zu attraktiven LTV-Ratios (Loan-To-Value-Ratios) verfügbar. Die Entwickler konkurrierten massiv um Flächen. Einige weiteten vermutlich ihre Bilanzen aus, um sich eine entsprechende Anzahl an Projekten zu sichern. Inzwischen wurde die Finanzierung schwieriger, weil infrage kommende Geldgeber Risiken herunterfahren.

Die Nachfrage seitens Hauskäufern ist inzwischen an Standorten mit steigender Arbeitslosigkeit geringer. Entwickler sind deshalb aller Voraussicht nach verstärkt auf der Suche nach institutionellen Partnern und planen, einen Teil ihrer Projekte oder ihren gesamten Bestand zu veräußern. Die PATRIZIA Fondsmanager haben deswegen bereits Kontakt zu Entwicklern aufgenommen und loten attraktive Möglichkeiten an Standorten aus, die für uns und unsere Kunden von Interesse sind.

Um entsprechend attraktive Städte auszumachen, setzt PATRIZIA datengesteuerte Tools ein. Dabei werden entscheidende Merkmale wie Demografie, Wirtschaftsleistung, Innovationskraft und Konnektivität auf den Prüfstand gestellt. Ein weiteres wichtiges Merkmal bei unseren Analysen ist Liquidität. Dadurch sind wir in der Lage, die jeweils attraktivsten Städte zu identifizieren und zu kategorisieren: Metropolen wie London, Paris, München und Dublin; innovative Städte wie Luxemburg und Amsterdam; erschwingliche Städte mit erstklassiger Einkommensstruktur, in denen zugleich die Mieten und Preise für Wohnimmobilien relativ günstig sind, so zum Beispiel Aarhus oder Eindhoven; Städte mit hoher Liquidität wie Leipzig und Salzburg, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht in die Kategorie „Tier 1“ einstufen würde, die jedoch aus institutioneller Sicht aufgrund ihrer Liquidität hochinteressant sein können.

Europäische Wohnimmobilien sind im Vergleich zu vielen anderen Immobilienarten ein hochkomplexer Markt. Nur rund ein Viertel des Gesamtangebots kommt für institutionelle Anleger überhaupt infrage, zumal sich insbesondere regulatorische Fragen und Marktdynamik von Region zu Region deutlich unterscheiden können. Investoren, die an dieser attraktiven Immobilienart interessiert sind, kommen deshalb in diesem speziellen Markt nicht ohne einen Partner aus, der über ausreichend Expertise vor Ort verfügt und für seine sorgfältige Arbeitsweise bekannt ist. Letzteres wird erfahrungsgemäß umso wichtiger, je mehr es Richtung Finalisierung geht: um einen konkreten Standort, um den tatsächlichen Abschluss.

Die Nachfrage seitens Hauskäufern ist inzwischen an Standorten mit steigender Arbeitslosigkeit geringer. Entwickler sind deshalb aller Voraussicht nach verstärkt auf der Suche nach institutionellen Partnern und planen, einen Teil ihrer Projekte oder ihren gesamten Bestand zu veräußern.

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