
Japan vs. Deutschland
29 / 10 / 21 - 3 minute read
Die Märkte in Japan und Deutschland sind relativ ähnlich, wenn man etwa auf die Investmentströme, die Strenge der Mietregulierung oder eben die alternde Gesellschaft schaut. Auch der Mix aus Eigentum und Miete in Japan ist durchaus
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Marcus Cieleback, Chief Urban Economist bei PATRIZIA

Internationale Investoren finden zunehmend Gefallen
Vor allen Dingen in den vergangenen zehn Jahren performten japanische Wohnimmobilien stark. Im internationalen Vergleich lassen sich relativ hohe Renditen erzielen, was allerdings in Teilen auch mit der generellen Struktur und der Transparenz des Marktes zu tun hat. Nicht selten sind beispielsweise Transaktionen innerhalb eines Unternehmensnetzwerks, etwa zwischen einem Developer und einem REIT, der zugleich Eigentümer des Projektentwicklers ist. Die erzielten Preise helfen in einem solchen Fall beiden Parteien. „Aber selbst wenn Sie dafür 50 oder 100 Basispunkte Rendite abziehen, ist das im internationalen Vergleich immer noch ein attraktives Umfeld“, ordnet Marcus Cieleback, Chief Urban Economist bei PATRIZIA, die Zahlen ein.
Auch die Pandemie überstand das Segment durchaus robust. Während Büroinvestoren vor Corona zitterten, verzeichnete der Wohnungsmarkt neue Rekorde. So gab es mit umgerechnet 319.000 Euro im Juni ein Allzeithoch für den Wiederverkaufswert einer 70-Quadratmeter-Wohnung im Großraum Tokio. Aufgrund der Größe Tokios unterscheiden sich dort die Mikro-Wohnungsmärkte innerhalb der Metropolregion, was zum Beispiel Bevölkerungswachstum, Demografie, Mieten und Renditen betrifft. Eine grundsätzliche Parallele zum deutschen Markt zeigt sich beim Mietsteigerungspotenzial. Hier ist die Dynamik möglicher Mietsteigerungen bei beiden Ländern fast identisch.
Die Renditen für Wohnimmobilien in Tokio lagen im September zwischen 3,0 und 3,5 % – etwa 0,5 Prozentpunkte über denen für Büroimmobilien. Bei Investoren ist nicht nur der Großraum Tokio beliebt. Städte wie Osaka, Nagoya, Fukuoka und Yokohama locken mit einem Renditeaufschlag. Der fällt allerdings nicht allzu hoch aus, weshalb der wesentlich geringere Wettbewerb in diesen Städten das wichtigere Argument für ausländische Investoren darstellt.

Dass japanische Wohnimmobilien attraktive Investments darstellen können, erkennen vermehrt auch internationale Investoren. In der vergangenen Dekade ist ihr Anteil an Wohntransaktionen aus dem Stand von null auf fast 40 % im Jahr 2020 hochgeschnellt. Allen voran fließt US-amerikanisches Geld in den japanischen Immobilienmarkt – allerdings nicht ausschließlich in Wohnungen. So erhöhte Goldman Sachs die Kriegskasse seines Japan-Fonds laut der Finanzzeitung Nikkei auf knapp zwei Milliarden Euro, um vorwiegend Logistik- und Datenzentren zu kaufen. Auch im Wohnungssegment waren US-Investoren die aktivsten Player der vergangenen Jahre. Da sie höhere Renditeanforderungen haben als zum Beispiel deutsche Pensionskassen, waren sie vorwiegend im höher rentierlichen Bereich bei Portfolio-Transaktionen aktiv.
Die übliche Größe einer Wohnimmobilientransaktion liegt bei 10 bis 20 Millionen Euro. Große Volumina lassen sich deshalb nur schwierig anlegen. Die Netto-Cash-Flow-Rendite und die Wertänderungsrendite in Japan sind weitgehend stabil. Deutliche Unterschiede bei der Dynamik zeigen sich auf Städtebasis, weshalb lokale Kenntnisse für erfolgreiche Investments und regionale Diversifikation auch in Japan wichtig sind. Nicht unerwähnt bleiben sollte außerdem, dass die Grundstückspreise 2020 zum ersten Mal seit sechs Jahren zurückgingen und die Preise für Wohnimmobilien sogar erstmals seit 2015 leicht sanken.
Es gibt viel Kapitalfluss von Europa nach Asien, der Fluss in die entgegengesetzte Richtung entspricht eher einem Rinnsal. Von Asien nach Europa ist es noch überschaubar – gerade was Wohnimmobilien angeht. Der Fokus japanischer Investoren lag über Jahre eher auf den Bereichen Büro, Einzelhandel, und Logistik. Erst die Pandemie hat Wohninvestments außerhalb des eigenen Landes stärker in den Fokus gerückt. „Viele Europäer haben, getrieben durch die kapitalstarken Pensionsfonds, bereits vor einigen Jahren begonnen, ihre Wohninvestments zu globalisieren. Im asiatisch-pazifischen Bereich beginnt dieser Trend gerade erst“, hat Marcus Cieleback beobachtet.
Und beim Vergleich von Japan und Deutschland hat er einen fundamentalen Unterschied ausgemacht: Der Druck auf den Wohnungsmärkten der Metropolregionen ist dort weniger stark als in Deutschland. Das hat auch damit zu tun, dass in Japan schneller und mehr neu gebaut wird. „Die Japaner haben es geschafft, die Angebotsseite besser in den Griff zu bekommen“, sagt Marcus Cieleback.
Marcus Cieleback, Chief Urban Economist bei Patrizia

Markus Gerharz
Markus Gerharz ist Immobilienjournalist, Moderator und Programmleiter des Immobilien Manager Verlags in Köln.
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