Auf dem Weg zu RealTech


11 / 02 / 22 - 4 minute read

Die professionelle Nutzung von Daten und Analysen wird in den kommenden zehn Jahren eine der wichtigsten Herausforderungen im Immobiliensektor sein. Wer diese anspruchsvolle Aufgabe am überzeugendsten löst, dem ist die Marktführerschaft in der Immobilienbranche kaum mehr zu nehmen. Davon sind Avi Naidu und Jonathan Hannam, die Gründer von Taronga Ventures überzeugt.

Es ist nicht allzu lange her, da mussten sich die Menschen auf den Weg zur nächsten Videothek machen, um zu Hause einen besonderen Film genießen zu können. Ohne physische CD im Player musste man auf seine Lieblingsmusik verzichten. Und um eine lapidare

Autor

Avi Naidu


Taronga Ventures

Taronga ist ein Investmenthaus, das sich zum Ziel gesetzt hat, institutionelle Immobilieninvestitionen sowie Technologie und Innovation zu vereinen. Hieraus entwickelt sich mit der Zeit ein einzigartiges weltweites Ecosystem für institutionelle, Corporate- und andere besonders finanzstarke Investoren. Sitz des Unternehmens ist Sydney, Australien. Ein Team von derzeit neun Mitarbeitern arbeitet gemeinsam mit einem Netzwerk strategischer und institutioneller Partner aus Asien, Europa, dem Nahen Osten sowie den Vereinigten Staaten an der digitalen Transformation der Immobilienbranche. PATRIZIA ist seit 2020 Partner von Taronga Ventures.

Weitere Informationen: www.tarongagroup.com

 

Warum ist die Immobilienbranche immun?

Digitalisierung und technischer Fortschritt haben in den letzten 20 Jahren jeden einzelnen Wirtschaftssektor einschneidend verändert - warum also sollte ausgerechnet der Immobiliensektor davon verschont bleiben? Keine Frage: Insgesamt dauern Anpassungen in der Immobilienbranche in der Regel länger als in anderen Branchen. Denn gewöhnlich sind in der Branche längere Zeiträume zu berücksichtigen – egal ob bei Planung, Bau oder Gewinnerzielung. Trotzdem sind Immobilien weltweit eine der wichtigsten Anlageklassen und haben von allen Vermögenswerten den größten Einfluss auf unser tägliches Leben.

Selbstverständlich ist auch der Immobiliensektor gegen neue Entwicklungen und Trends nicht immun. Zwar haben wir in den vergangenen fünf Jahren in der Branche die gewaltigsten Veränderungen aller Zeiten erlebt - und diese Tendenzen nehmen weiter Fahrt auf. Aber von entsprechenden Anpassungsmaßnahmen innerhalb der Branche ist weiterhin wenig zu sehen.

Vor diesem Hintergrund nahmen wir erst kürzlich an einer Veranstaltung in Australien teil, bei der sich unter anderem ein ehemaliger, leitender Mitarbeiter von Facebook mit einem CEO aus der Immobilienbranche austauschte. Das Thema: Kundendaten und deren gewinnbringende Nutzung bei Facebook. Dabei ließ der ehemalige Facebook-Mitarbeiter den Immobilienprofi einigermaßen staunend zurück.

Facebook will so gut wie alles über jeden einzelnen seiner fast 1,7 Milliarden Nutzer wissen. Und ist dabei bereits sehr weit fortgeschritten. Zum Beispiel weiß der Tech-Gigant in der Regel, wann seine Nutzer das Haus verlassen, wie sie zur Arbeit kommen und was sie zu Mittag essen.

Anbieter von Office-Software wie Microsoft tracken auch Mitarbeiter und wissen deshalb genau, welche Teams und Personen an welchen Projekten arbeiten, wo sie arbeiten und auch wie produktiv sie sind.

Für uns heißt das: Den Big Playern der IT-Branche sind auch die einzelnen Nutzer einer Immobilie wesentlich vertrauter als den gewerblichen Immobilienmanagern, die letztlich für Wertsteigerungen bei diesen Vermögenswerten zuständig sind. Ohne jede Frage machen diese Entwicklungen eine größere technologische Disruption in diesem Sektor wahrscheinlich.

Insbesondere Microsoft ist bereits heute mit ziemlicher Sicherheit der mächtigste kommerzielle Vermieter der Welt.

Im Immobiliensektor gibt es seit einiger Zeit Anstrengungen, die von globalen Technologiegiganten implementierten Data Smarts zu gewinnen. Der Wandel in der Branche verläuft in der Tat dynamisch und die Transformation steht erst am Anfang.

Den Big Playern der IT-Branche sind auch die einzelnen Nutzer einer Immobilie wesentlich vertrauter als den gewerblichen Immobilienmanagern, die letztlich für Wertsteigerungen bei diesen Vermögenswerten zuständig sind.

RealTech: Der zentrale Unterschied zu PropTech

Vor sieben Jahren gründeten wir Taronga Ventures. Eine PropTech Venture Capital-Plattform, die aus der Überzeugung heraus ins Leben gerufen wurde, dass die Immobilienbranche mehr denn je vor grundlegenden Veränderungen steht. Wir wollen uns an die Spitze dieser Bewegung setzen. Die Technologie, die diese Transformation vorantreibt, ist unter der Bezeichnung „PropTech“ (Property Technology) bekannt geworden. Wir verwenden allerdings den Begriff „RealTech“ (Real Asset Technology) und sind davon überzeugt, dass dieser Begriff die sich abzeichnenden Potentiale besser beschreibt.

Erhebliche Innovationspotentiale bieten nicht nur Immobilien selbst. Vielmehr ist die gesamte gebaute Umgebung beim Nachdenken über Innovationen mit einzubeziehen, denn die Übertragbarkeit geht weit über das physische Asset hinaus.

Man denke zum Beispiel an die Infrastruktur rund um ein Gebäude, die Zugangskontrollen, die Gebäudeeffizienz, den Energieeinsatz und darüber hinaus die gesamte Wertschöpfungskette von Planung, Bau und Betrieb bis zur Transaktion.

Darüber hinaus entwickeln sich derzeit neue Trends wie Co-Living und Agile Working bzw. neue Strategien der Kapitalbeschaffung.

Seit Beginn unserer Gründung haben wir zahlreiche Unternehmen identifiziert und in diese investiert. Sie alle entwickeln innovative Lösungen, die zu einem Ecosystem führen, das eine neue Qualität an Beziehungen zwischen Immobilien-Asset-Managern und ihren Kunden ermöglicht.

Als Immobilieneigentümer werden die Akteure zukünftig eine Vielzahl an Informationen über ihre Kunden erhalten. Dafür wird eine Reihe von Signalstationen, Sensoren und Systeme sorgen. Letztlich werden wir dadurch ein sehr viel tieferes Verständnis von unseren Kunden erreichen.

Für eine vollumfängliche Lösung ist es jedoch unerlässlich, dass Immobilienunternehmen zunächst Daten aus der Vergangenheit erfassen, neu formatieren, vereinfachen und abschließend zentralisieren. Daneben müssen fortlaufende Daten wie zum Beispiel Informationen von Sensoren eines Gebäudemanagementsystems gespeichert werden.

Diese dynamischen Daten werden anschließend ergänzt, um entsprechende Datenspeicherungssysteme wie Data Lakes, eine Art überdimensionaler Festplatte, aufzubauen. Solche Data Lakes werden für die zukünftigen Tätigkeiten von Akteuren im Immobiliensektor entscheidend sein.

Die professionelle Erfassung von Daten und Erstellung von Analysen wird in den nächsten zehn Jahren zu den bedeutendsten Aufgabenfeldern in der Branche gehören. Wer in der Lage ist, auf der Klaviatur dieser Technologie zu spielen, wird sich im Markt an die Spitze setzen. Alle anderen, die mit diesen Entwicklungen nicht Schritt halten wollen oder können, werden zurückfallen.

Wer in der Lage ist, auf der Klaviatur dieser Technologie zu spielen, wird sich im Markt an die Spitze setzen. Alle anderen, die mit diesen Entwicklungen nicht Schritt halten wollen oder können, werden zurückfallen.

Wie bereits in den letzten Jahren erlebt werden im Zuge dieser Entwicklung hin zu RealTech-Strategien Investitionen mit einem Fokus auf ESG-Faktoren an Bedeutung gewinnen. Das Thema Umwelt wird durch den Kampf gegen den weltweiten Klimawandel immer weiter in den Vordergrund rücken. Zur Realisierung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien werden Immobilieneigentümer und – verwalter immer häufiger auf Innovationen setzen. Die Immobilien- und Baubranche gehört zu den größten Verursachern der globalen Erwärmung und ist für 38 % aller weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Spätestens seit dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 und dem letztjährigen COP26-Treffen in Edinburgh hat sich ein noch stärkeres Bewusstsein für den Klimawandel etabliert. Die globale Immobilienbranche wird also nicht mehr umhinkommen, ihren Teil beim Kampf gegen den Klimawandel beizutragen.

Die gute Nachricht: Investitionen in intelligente, vernetzte und grüne Gebäude bieten zunehmend eine interessante Risikoprämie auf das eingesetzte Kapital. Eine aktuelle Studie des Massachusetts Institute of Technology belegt, dass diese Art von Gebäuden mittlerweile einen Aufschlag von 23,7 % auf übliche Transaktionspreise generiert. Damit ist absehbar: Intelligente Gebäude und ein entsprechender Datenfundus, der über innovative Technologien angereichert wird, machen Vermögenswerte letztendlich nachhaltiger, bieten Extra-Risikoprämien und erhöhen die Bereitschaft zu höheren Mietzahlungen.

 

Dieser Artikel ist ein Auszug aus einer Präsentation von Taronga Ventures bei PATRIZIA Ende 2021. PATRIZIA ist im RealTech Ventures Fund von Taronga, einem spezialisierten Immobilientechnologiefonds, investiert.

Image credits: istock (peterhowell