Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche: Verantwortlich Investieren zahlt sich aus

Unter Anlegern wächst das Interesse an nachhaltigen Immobilien: Investitionen in solche Objekte können operationelle Risiken in einem Portfolio senken. Das steigende Engagement ist eine Reaktion auf die zunehmende Nachfrage nach ressourcenschonend errichteten, klimaneutral betriebenen Gebäuden, die ein gesundes Arbeiten und Wohnen ermöglichen. Als Innovationstreiber erweisen sich dabei digitale Technik und Vernetzung.

Immobilienwirtschaft hat Zeichen der Zeit erkannt und steuert um

Intensive Verteilungskämpfe um Nahrung, Wasser und Lebensraum, Naturkatastrophen als Vorboten eines dramatischen Klimawandels und Flüchtlingsströme in unbekanntem Ausmaß haben die Menschheit sensibilisiert: Nachhaltigeres Handeln um der eigenen Zukunft willen ist zur Devise geworden. Mit dem Begriff der Nachhaltigkeit war jedoch lange Zeit ein moralisch-ideologischer Imperativ verbunden. Aktivitäten auf dem Sektor wurden häufig belächelt, Investitionen primär unter Kostenaspekten bewertet.

Auch die Immobilienbranche tat sich zunächst schwer damit, ökonomische Ziele mit der Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft zu verbinden. Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden. Anlass dafür sind neben gesetzlichen Vorgaben auf internationaler Ebene gestiegene Erwartungen der Stakeholder – neben Investoren auch der Aktionäre, Mieter und Kunden. Vor allem in Europa beziehen Immobilienanleger zunehmend ethische, ökologische und soziale Kriterien in ihre Anlageentscheidungen ein. 

„Grüne“ Gebäude versprechen Anlegern erheblich mehr Potenzial

Indem Investoren die so genannten „ESG Investment Practices“ berücksichtigen, handeln sie unter mittel- bis langfristigen Renditeerwartungen weniger aus altruistischen Gründen, sondern primär aus unternehmerischer Sicht. So birgt eine „grüne“ Immobilie auch Entwicklungschancen im Sinne einer Value-Add-Strategie. Bisweilen werden die Projektentwickler aber auch von der Anlagephilosophie ihrer Kapitelgeber getrieben, ihre Aktivitäten auf diesem Sektor zu verstärken. Welche Motive immer bestimmend sind: Letztlich nutzen die Investments allen.

In ihrem 2017 veröffentlichten Weißbuch „Nachhaltigkeit“ kommen die Autoren von LaSalle Investment Management zum Schluss, dass Anleger bei „grünen“ Immobilien sogar bereit seien, als Preis für mehr Sicherheit um bis zu 0,65 Prozentpunkte niedrigere Renditen in Kauf zu nehmen. So entfielen oft Kosten für Modernisierung und Neupositionierung, da die Gebäude bereits auf die modernsten Standards hin erstellt und ausgerichtet sind oder in Teilen bei Anpassungen an „grüne“ Standards die Baumaßnahmen staatlich subventioniert werden. Und aufgrund Marktfähigkeit und Nachfrage nach „grünen“ Gebäuden sinke das Vermarktungsrisiko und damit eines Leerstands, zudem seien die Mietinteressenten in der Tendenz solventer. Im Ergebnis entwickelten sich nachhaltig betriebene Immobilien auf Asset- und Portfolioebene langfristig besser.
 

„Wer auch in Zukunft erfolgreich am Markt agieren will, muss heute verantwortlich handeln – gegenüber Gesellschaft und Umwelt, Kunden und Mitarbeitern.“

Dr. Marcelo Cajias, Associate Director Sustainability, PATRIZIA Immobilien AG

In der Konsequenz dient das Thema Nachhaltigkeit den Anbietern von Immobilien nicht mehr als Feigenblatt oder PR-Ansatz, sondern ist ein operationalisierbarer Bestandteil der Unternehmenskultur. „Wer auch in Zukunft erfolgreich am Markt agieren will, muss heute verantwortlich handeln – gegenüber Gesellschaft und Umwelt, Kunden und Mitarbeitern“, betont Dr. Marcelo Cajias, Associate Director Sustainability der PATRIZIA Immobilien AG, „unser Bekenntnis zur Nachhaltigkeit stützt unsere langfristige Unternehmenstätigkeit.“ 

Nachhaltiges Wirtschaften adressiert Märkte, Mieter und Mitarbeiter

Nachhaltiges Wirtschaften hat mehrere Adressaten. Da ist zum einen der Markt – bezogen auf die Immobilienbranche Investoren sowie Mieter von Objekten. Wie bereits ausgeführt, beziehen erstere zunehmend Nachhaltigkeitseigenschaften von Gebäuden in ihre Investitionsentscheidungen ein. Folgerichtig erwarten sie selbst oder in Vertretung ihrer Kapitalgeber, dass sie von den Projektentwicklern proaktiv über Fortschritte bei der Aufstellung und Erfüllung von Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen informiert werden.

Das gilt auch für ressourceneffiziente Verfahren, die über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg technisch realisierbar sind. Zunehmende Bedeutung gewinnt hier die Bionik – das Übertragen von Phänomenen der Natur auf die Technik, international hat sich der Begriff Biomimetik durchgesetzt. Die Mieter von Objekten interessieren primär Bausubstanz und -materialien, Gebäudeklima und -effizienz. Den Nachweis können anerkannte Zertifizierungssysteme wie „DGNB“, „LEED“ und „BREEAM“ erbringen. 

Ein weiterer wichtiger Adressat nachhaltigen Wirtschaftens sind die Personen, die die Gebäude letztlich nutzen und die – abgesehen von gesetzlichen Vorgaben an den Arbeits- und Gesundheitsschutz –  moderne, an ihren Bedürfnissen ausgerichtete Formen der Arbeitsorganisation einfordern. 

Nachhaltigkeit braucht einheitliche Definition und explizite Zielwerte

Noch fehlen Immobilienanbietern und -anlegern aber explizite Zielwerte für Nachhaltigkeit ebenso wie eine klare Definition für nachhaltige Kapitalanlagen. Die Zertifizierung von Gebäuden macht diese zwar ein Stück weit vergleichbar. Doch es bräuchte einheitliche Standards für „grüne“ Immobilien. Bis dahin geben Initiativen wie „Deneff“ in Deutschland und der „Europäische Transparenz Kodex“, vor allem aber Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene Ziele und Instrumente für Klimaschutz und Energieeinsparung vor.

Dass das Thema Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche an Aktualität gewinnt, geschieht nicht gänzlich aus freien Stücken. So ist es etwa in Deutschland durch eine regulatorisch verankerte Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgegeben. Zudem machen Verordnungen und Gesetze (u.a. EnEV, EEG, EEWärmeG) zwingende Vorgaben. Im Klimaabkommen von Paris vereinbarten die EU-Staaten Ende 2015 überdies, den Ausstoß an CO2 bis 2050 gegenüber 1990 um vier Fünftel zu kappen, in Deutschland sogar um 90 Prozent.

Das ehrgeizige Ziel stellt auch den Gebäudesektor vor Herausforderungen. Er steht für ein Drittel der CO2-Emissionen hierzulande. Allein bis 2030 müssen die gebäudebedingten Treibhausgase von aktuell 119 Millionen Tonnen auf maximal 72 Millionen Tonnen gesenkt werden. 2050 dann darf jedes Gebäude rein rechnerisch nur noch 14 Kilogramm CO2 und 100 Kilowattstunden End-Energie pro Quadratmeter und Jahr verursachen respektive benötigen. Gemessen an den heutigen Werten (94 kg/196 kWh) eine Herkulesaufgabe.

Digitalisierung als Innovationstreiber für die Immobilienwirtschaft

Neben einer effizienten Gebäudetechnik für Kühlung, Klimatisierung und Beleuchtung birgt deren intelligente Verknüpfung das größte Nachhaltigkeitspotenzial. So lassen sich etwa Temperatur und Luftqualität an die jeweils aktuelle Raumbelegung anpassen. Der digitalen Vernetzung gehört auch in der Immobilienwirtschaft die Zukunft. Der Einsatz von „Smart-Real-Estate“-Technologien oder „Property Technology (PropTech)“ kann zu Kostensenkungen bei der  Bewirtschaftung von Immobilien führen – mit dem willkommenen Nebeneffekt, nachhaltiger zu sein.

Energieeffizienz ist das zentrale Thema. Sie lässt sich bereits im Kleinen durch die digitale Erfassung von Verbrauchsdaten („Smart Metering“) optimieren, in größeren Maßstab über sensorgesteuerte Aufzug-, Licht- und Heizungsanlagen („Smart Home“), die gar selbsttätig vor potenziellen Störungen warnen, oder über mit dem Internet verbundene, untereinander fortwährend Daten austauschende Geräte („Internet of Things“). Experten schätzen, dass digitale Vernetzung den Energieverbrauch von Gebäuden um etwa zehn Prozent reduziert. 

Weitergedacht entstehen so „Smart Buildings“, die nicht nur ihre Nutzer mit den Objekten verbinden, sondern zum Beispiel auch mit Daten anderer Quellen vernetzt sind, die etwa die jeweilige Gebäudebelegung prognostizieren. 

PATRIZIA verfügt in ihrem Bürohaus in Augsburg beispielsweise über intelligente selbstlernende Heizkörperthermostate, die den Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent verringern können, indem sie erkennen, wann der Verbraucher des jeweiligen Büros seinen Tag beginnt und auch wieder beendet und dementsprechend die Heizung anpasst. Voraussetzung für diese verantwortliche und – für Investoren mitentscheidend – zukunftsgerichtete Arbeits- und Wohnwelt ist, dass die aktuellen Herausforderungen nicht als Bedrohung betrachtet werden, sondern als realistische Chance, um auch in der Immobilienwirtschaft Innovationen voranzutreiben.

Statt der Bauweise heute vor allem Nachhaltigkeitsaspekte im Blick

„Noch vor zehn Jahren haben wir uns fast ausschließlich auf die Bauweise konzentriert“, blickt Dr. Marcelo Cajias zurück, „heute schauen wir auch auf die Gesundheit und Produktivität der Mitarbeiter und wählen Objekte nach den Ansprüchen unserer Kunden.“ Ein Beispiel ist der „Astro-Tower“ in Brüssel, den  PATRIZIA 2016 für ein koreanisches Konsortium erworben hatte. Vom Voreigentümer wurde das Gebäude aufwändig energetisch saniert, so dass es nun als Passivhaus in der höchsten Energieeffizienzklasse eingestuft ist.

Mit dem „Itämerenkatu 5“ in Helsinki wurde im Herbst 2017 ein PATRIZIA-Objekt für nachhaltige Konstruktion, Gestaltung und Betrieb mit der LEED Zertifizierung ausgezeichnet. Unabhängig davon hat PATRIZIA jüngst ihr gesamtes Immobilienportfolio in Deutschland auf erneuerbare Energien umgestellt. Neben rund einer Million Euro niedrigeren Energiekosten pro Jahr für die Mieter sollen durch diese Maßnahme künftig jährlich rund 26.000 Tonnen umweltschädlicher CO2-Emissionen eingespart werden.

 

Fotos: Fotolia, Getty