Investition in intelligente Gebäudetechnologien und der Weg zu Net Zero


13 / 03 / 23 - 6 minute read

Der Übergang zu Net Zero wird zweifellos als eine der größten Errungenschaften in die Geschichte eingehen. Laut einem Bericht von Goldman Sachs aus dem Jahr 2022 wird die Elektrifizierung „die europäische Wirtschaft und unseren Alltag revolutionieren“. Dafür müssen „3,7 Billionen Euro an Kapital mobilisiert werden. Größtenteils sollen diese in die Infrastruktur für ökologisch nachhaltige Energie, den Ausbau erneuerbarer Energien, die Modernisierung der Stromnetze, Gebäudesanierungen, E-Mobilität, Immobilien und die Fertigung fließen“. BNY Melon und Fathom Consulting bezeichneten dies in einem Bericht als „die größte Kapitalumschichtung in der Geschichte“. Unserer Ansicht nach trifft dies insbesondere auf den Immobilienmarkt zu, der bei der Umgestaltung im Bau sowie von Instandhaltung und Betrieb seiner Assets in fast allen Aspekten eine der schwierigsten Herausforderungen meistern muss. 

Für einige wird dieser Übergang mit Kosten einhergehen und somit die Gewinnspanne und den Ertrag schmälern. Für andere hingegen stellt er eine Chance zur Umgestaltung dar, da der Übergang auf neuen Technologien und Geschäftsmodellen fußt. Venture Capital – als Investition in die gebaute Umwelt – gehört ganz gewiss der zweiten Kategorie an. Es unterstützt die nächste Generation von Unternehmen, welche den benötigten Fortschritt der Branche in der nächsten Dekade vorantreiben werden. Diese Unternehmen, die innovative Technologien zum Heizen und Kühlen von Gebäuden, zur Elektrifizierung des Verkehrswesens, zur Gewinnung und Speicherung von Energie sowie zur Steuerung und Kontrolle von Betriebsabläufen entwickeln, stehen für die neue Generation von Marktführern, so wie einst Google und Microsoft, die im Informationszeitalter zu prägenden Akteuren avancierten.

Autoren

Matt Chagan

Conan Lauterpacht


Sustainable Future Ventures (SFV) ist ein Venture Capital Fonds, der sich primär auf dieses Marktsegment konzentriert und dabei in Technologielösungen investiert, die den Real Asset Sektor nachhaltig verändern. Somit verfolgt SFV-Investitionen in wachstumsstarke Unternehmen mit ersten kommerziellen Erträgen und validiertem Produkt-Markt-Fit.Trotz der Unabhängigkeit des Fonds und seiner Ausrichtung auf die Erzielung von Renditen, schenkt die strategische Beziehung zu PATRIZIA einzigartige Einblickeund Sichtweisen hinsichtlich des anstehenden Wandels der Bau- und Immobilienbranche.
Einer dieser Einblicke war die notwendige Nachrüstung des globalen Gebäudebestands und die damit verbundenen Hürden auf dem Weg zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Denn die Wahrheit ist, dass eine Gebäudenachrüstung weitaus mehr Kosten verschlingen kann, als aus Sicht von Energieeinsparungen gerechtfertigt ist oder als Investoren und Mieter bereit sind zu zahlen. Zudem ist bei einigen Altbauten eine vollständige Sanierung nicht möglich. Und auch die CO2-Emissionen von Neubauten werden so schnell nicht passé sein. Im Klartext heißt das: unter den aktuellen Bedingungen werden Immobilienunternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Klimaneutralitätsziele in diesem Jahrzehnt zu erreichen.


Bei SFV haben wir zwei Möglichkeiten gefunden, diese Challenge mit transformativen Technologien anzugehen:

Gradient – Fensterwärmepumpe

Heizung und Kühlung sind für bis zu 5 Gigatonnen (Gt) ⁠Kohlendioxid-Äquivalente (CO₂e) verantwortlich. Das ist bereits jetzt eine riesige Menge, und es wird nicht besser – im Gegenteil: steigende Temperaturen, Bevölkerungszahlen und Einkommensniveau bedeuten noch mehr Klimaanlagen und folglich weitere Emissionen in Höhe von 1Gt an CO₂e bis 2050. Heizsysteme die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, können aktuell immer noch schneller installiert werden als Wärmepumpen. Dadurch steigen die globalen Heizemissionen und die Zahl der nachzurüstenden Gebäude nimmt weiter zu. Ein wichtiger Grund für die fehlende Entwicklung der Heiz- und Kühlemissionen in die gewünschte Richtung ist zudem der Mangel an klimafreundlichen und leicht implementierbaren Lösungen auf dem Markt.

Die Firma Gradient hat eine Wärmepumpe entwickelt, die sich so einfach installieren lässt wie ein herkömmliches Fensterklimagerät. Dabei hat sie die beiden Teile einer Wärmepumpe – den Außenkondensator und den Innenverdampfer – in einem einzigen Gerät vereint, das in ein Fenster passt, ohne die Sicht zu versperren. Das System macht einen professionellen Installateur überflüssig. Ebenso die Kosten und den Aufwand, die bei anderen Modellen mit dem Bohren von Löchern in Wänden oder der Installation des Außenkondensators verbunden sind. Die Lösung eignet sich besonders gut für Mehrfamilienhäuser, vor allem in älteren Gebäuden in Städten wie New York, Seattle oder London, in denen es oft keine einfache Möglichkeit zur Nachrüstung gibt. Diese Problematik ist besonders bei Sozialwohnungen akut, denen es oft an Klimatisierung mangelt und in denen häufig Temperaturen von über 32° C herrschen. Darum ist die New Yorker Wohnungsbehörde sehr an der Lösung dieses Problems interessiert und hat erst kürzlich bei Gradient einen Erstauftrag im Wert von 24 Mio. US-Dollar für die Geräte platziert. Eine Reihe anderer US-amerikanischer Städte verfolgt diese Entwicklung mit großer Aufmerksamkeit. 2022 hat SFV in Gradient investiert, um das Unternehmen beim weiteren Wachstum zu unterstützen und dadurch die Nachfrage eines voraussichtlich großen und schnell wachsenden Marktes zu befriedigen.

 

„Für Investoren, die das Risiko nicht scheuen und offen für innovative Technologien sind, sind die Vorteile für ihre Erträge und den Planeten unbestreitbar.“

Carbonfuture – Zertifikate für Kohlenstoffentfernung

Immobiliengesellschaften sind darauf bedacht, im operativen Geschäft einen möglichst geringen CO₂e -Fußabdruck zu hinterlassen. Dennoch werden betriebliche Verbesserungen allein nicht ausreichen, um eine vollständige, zumindest aber 50-prozentige Emissionsreduktion – wie es z.B. das Ziel der PATRIZIA ist – bis 2030 zu erreichen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man den „embodied carbon“ aus Bau- oder Sanierungsprozessen berücksichtigt, bei denen auf Beton, Stahl oder andere Baumaterialien gesetzt wird. Wie können also Immobiliengesellschaften dennoch ihre Ziele erreichen? Wir sind der Meinung, dass Emissionsminderungszertifikate ein wichtiger Teil des Puzzles sind. 
Denn diese sind an Prozesse gebunden, die der Atmosphäre tatsächlich Co2 entziehen (im Gegensatz zum Emissionsausgleich, der an die Reduzierung schädlicher Praktiken wie die Verbrennung fossiler Brennstoffe oder das Abholzen von Bäumen gebunden ist – diese senken zwar die CO2-Emissionen, entfernen aber nicht das vorhandene CO2). Microsoft, Alphabet und Swiss Re sind nur einige der namhaften Unternehmen, die sich der Nutzung derartiger Zertifikate verschrieben haben. 

Wir rechnen damit, dass die Liste schnell wachsen wird, insbesondere da immer mehr Unternehmen auf Emissionsminderung statt auf Emissionsausgleich setzen. Derzeit liegt der Preis pro Tonne entfernten Kohlenstoffs bei 100 bis 150 US-Dollar.

Carbonfuture mit Sitz in Freiburg, Deutschland, ist eine End-to-End-Plattform für Unternehmen, die sich an der Entfernung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre beteiligen wollen – und sie gewinnt in der Industrie zunehmend an Bedeutung. Diese Plattform überwacht die Prozesse der Kohlenstoffentfernung und verfolgt deren Auswirkungen über eine eigene Tracking-Plattform mit Zertifizierungen durch Drittanbieter. Die Marktplatzlösung von Carbonfuture ermöglicht es diesen Unternehmen anschließend, ihre Emissionsminderungszertifakte an Unternehmen zu veräußern. 2022 hat SFV in Carbonfuture investiert, denn die Technologie von Carbonfuture nimmt eine Schlüsselrolle auf diesem riesigen aufstrebenden Markt ein.

Unter dem steigenden regulatorischen und sozialen Druck verlangt die Immobilienbranche nach Innovationen, die das „Net Zero“-Ziel zu einem realistischen, finanziell tragfähigen Unterfangen machen. Für Investoren, die das Risiko nicht scheuen und offen für innovative Technologien sind, liegen die Vorteile für ihre Renditen und den Planeten klar auf der Hand.


Über die Autoren

Matthew Chagan verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Technologie-Investor und hat den Großteil dieser Zeit in der San Francisco Bay Area verbracht. Bevor er zu SFV kam, war Matthew Chagan Partner bei Rich Products Ventures. Zuvor war er Mitbegründer von Synapse Partners und einer der wichtigsten Akteure bei Trident Capital.

Matt Chagan

Conan Lauterpacht ist Partner bei SFV. Zuvor war er Managing Partner bei der PropTech Venture Capital Firma M7 Structura. Conan Lauterpacht ist seit fast einem Jahrzehnt in der PropTech-Branche tätig, anfangs als COO des Immobilien-Datenmanagement-Unternehmens Voyanta, später als Leiter der Corporate Venture Capital-Aktivitäten der Altus Group.

Conan Lauterpacht